En France

Endlich wieder in Frankreich. Nach meinem Aufenthalt in Lyon im letzten Herbst habe mich entschieden, diesen Winter weiter südlich in Montpellier zu verbringen. Eine Entscheidung, die ich bisher nicht bereut habe. Im Schnitt zehn Grad, immer Sonne und kaum Regen, so dass sich der Winter hier eher anfühlt wie ein langer Herbst. Aber am meisten mag ich hier die Kultur und die Leichtigkeit im alltäglichen Leben. Angefangen von den familiengeführten Bäckereien bis hin zu den gemütlichen Cafés und den coolen Comics.
Was aber auch auffällt, ist der respektvolle Umgang untereinander. Man unterstützt sich und lässt sich halt auch nicht verarschen. So wird hier schon seit Wochen dafür gestreikt, dass das Rentenalter nicht um weitere zwei Jahre erhöht wird, während die Superreichen weiterhin Steuervorteile haben und Milliarden in den Rüstungsétat fließen.
All dies vermisse ich in Berlin. Eine Stadt in einem Land, das immer mehr zu einer egoistischen Ellenbogengesellschaft avanciert. Nach dem Motto: Jeder gegen jeden und jeder für sich. Die konstante Anspannung und Aggression insbesondere in meinem Bezirk wird eigentlich immer unerträglicher. Ständig wird laut gehupt, gebrüllt oder man wird von Fahrradfahrern einfach umgefahren, wenn man aus dem Auto Sachen auslädt. Allein die Tatsache, dass mir im letzten Jahr zweimal der rechte Außenspiegel abgebrochen wurde, spricht sicherlich Bände sowie dass Berlin bei einer aktuellen Umfrage zum unfreundlichsten Bundesland gewählt wurde. Eine französische Freundin meinte vor kurzem zu mir, dass Frankreich im Vergleich zu Deutschland eher eine weiblich geprägte Gesellschaft sei. Was bedeutet, dass hier Familie, kreatives Schaffen und ein soziales Miteinander über Status, Arbeit und materiellen Dingen stehen. Natürlich gibt es auch noch den Kontrast zwischen ländlichem Leben und dem Leben in der Stadt. Aber selbst da würde ich Paris Berlin jederzeit vorziehen.
Wenn ich einen extremen Vergleich ziehen müsste, würde ich sagen, dass der Deutsche jeden Tag beim Discounter einkauft, um sich seinen Mercedes oder Porsche-SUV vom Mund abzusparen und mit spätestens Mitte fünfzig seine Eigentumswohnung abbezahlt zu haben. Wohingegen der Franzose schon glücklich ist, einfach jeden Tag im Café Freunde zu treffen, sein rustikales Baguette mit Käse zu essen und abends den Tag mit einem Glas Wein ausklingen zu lassen. Diese Gewichtung an Prioritäten gefällt mir an Frankreich bisher am meisten, vielleicht auch, weil ich nicht materiell orientiert bin.
Auf einer anderen Ebene ist es einfach sehr angenehm, nach drei Jahren oktroyierter Auszeit sein Leben ohne nervige Auflagen und übertriebene Restriktionen des Staats zu leben. Man kann endlich wieder Freunde treffen und Reisen planen. Ich denke, das Schlimmste ist vorüber, auch wenn die Folgen der künstlich erzeugten Verteuerung überall spürbar sind. Ob nun die Kosten für Gas, Strom oder Nahrungsmittel. Alles wird immer teurer und damit auch der Lebensstandard. Nur als einfaches Beispiel: Eine Kugel Eis kostet inzwischen zwei Euro und eine große Portion Pommes fünf Euro fünfzig. Das wäre so, als ob ich zu Schulzeiten für drei frittierte, geschnittene Kartoffeln umgerechnet elf D-Mark bezahlt hätte. Natürlich ist auch das Einkommen im gewissen Maße gestiegen, aber nicht proportional oder zu vierhundert bis fünfhundert Prozent. Also heißt es jetzt weiterhin, ausharren und sparen. Spätestens bis zum Crash des Euros, der hoffentlich bald kommen wird.

“Ils sont fous, ces Romains!” (Obélix)