Karmic Days

Der Sommer ist wieder da. Die Zeit im Jahr, auf die sich alle freuen. Lange Abende in Cafés, Spaziergänge in der Sonne und sich nicht mehr die ganze Kleidungslast aufbürden müssen. Besonders die routinierten Dinge im Leben fallen wieder leichter und man bekommt das Gefühl, dass das Leben nicht nur aus zu bewältigenden Plänen und Geldsorgen besteht. Dennoch blicke ich der Jahreszeit von Jahr zu Jahr mit immer weniger Begeisterung entgegen, da ich merke, dass sich meine Ängste nicht wirklich aufheben und ich merke wie stark ich doch eigentlich von ihnen eingeengt bin. Gerade mit den einfachen, schönen Dingen fühle ich mich schon oft sehr überfordert. Ob nun an einem sonnigen Tag Schwimmen zugehen oder mich einfach ‘mal von meiner schwarzen Jeanskluft zu trennen und zur Abwechslung kurze Hosen und ein T-Shirt zu tragen. Es ist nicht so, dass diese Neurosen noch nie da waren, sondern viel mehr, dass sie mich eben früher nicht so sehr gestört haben, weil ich immer dachte, dass sie mit dem Alter schwinden und eines Tages eben auch gar nicht mehr das sein werden. Was leider leider nicht der Fall ist. Diese Kleidungsneurose kann ich eigentlich als Parabel auf mein ganzes Leben beziehen. Wunschvorstellungen vom Leben und wie ich zu sein habe, um glücklich zu sein, die ich mir über Jahre durch mein filmkonditioniertes Leben geformt habe, auch wenn ich die Voraussetzungen dafür oft gar nicht habe. So gesehen ist einerseits mein regelmäßiges Abtauchen in Serienwelten für meinen Geist ganz entspannend, gleichzeitig aber auch ein Teufelskreislauf, weil ich dort wieder meine überzogenen Vorstellungen nähren kann, die mir dann meinen Alltag erschweren, weil mir immer mehr bewusst wird wie weit ich eigentlich noch von meinen Träumen entfernt bin.
Dazu kommt, dass das letzte halbe Jahr kein wirkliches Zuckerschlecken war. Ein ständiges Geschachere mit den klagenden Verlagen und dazu die strafrechtliche Klage, die mit ihrem ungewissen Ausgang wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf hing. Gerade auch weil ich dadurch das Fertigstellen meines Album wieder auf unbestimmte Zeit auf Eis legen musste. Mittlerweile ist allerdings wieder etwas Licht am Ende des Tunnels und ich kann, jetzt wo ich auch endlich nach Jahren wieder eine eigene Wohnung habe, endlich etwas durchatmen. Seit einigen Wochen wohne ich jetzt schon in einem kleinen Apartment am Lietzensee. In ihrer Kompaktheit ist die Wohnung eher funktional geschnitten und passt mit ihrer niedrigen Miete zu meiner jetzigen Lebenslage, da ich dadurch meine Privatdarlehen abzahlen kann, die ich durch die Klage der Verlage aufnehmen musste. Nach all den Jahren des sich Bereicherns auf anderer Kosten ist es schon ein gutes Gefühl mein Geld wieder ehrlich zu verdienen, dennoch aber auch etwas ernüchternd, da ich mich aufgrund der fehlenden Extraeinnahmen doch finanziell sehr begrenzen muss. Nicht zu vergessen, dass ich quasi ein sehr gutes Geschäftsmodell aufgeben musste und einen Job, der mir natürlich unabhängig von der lukrativen Seite auch viel Spaß gemacht. Klar könnte ich damit auch legal mein Geld verdienen, nur würde dann die Gewinnspanne schnell von eintausend auf zehn Prozent fallen. Was jetzt nicht so wirklich prickelnd ist. Wie schon Yuri Orlov in ‚Lord of War‘ sagte: ‘The only problem with an honest buck is they’re so hard to make. The margins are too low, too many people are doin’ it.’