Seit fast einem halben Jahr bin ich jetzt schon für Canon im Einsatz und aufgrund eines rotierenden Systems eigentlich jede Woche in einem anderem Markt. Auf diese Weise bleibt der ansonsten doch sehr absehbare und routinierte Job wenigstens ein wenig abwechslungsreich. Meine Lieblingsmärkte sind der Media Markt und Saturn am Alex und der Saturn am Tauentzien. Danach kommt erst mal lange nichts und wenn es nach mir ging, würde ich auch nur in den drei Media-Saturn Ablegern eingesetzt werden. Denn aufgrund deren Größe ist eigentlich immer ein Kunde in der Abteilung, wodurch nur selten die gefürchtete Langeweile aufkommt, die die Zeit immer wie ein Kaugummi zieht. Dazu kommt, dass in den in der City gelegenen Märkten auch viele Touristen einkaufen, gerade weil Elektronik in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern mit am günstigsten ist und ich so wenigstens ab und zu auch ‚mal eine Beratung auf Englisch machen kann. Die Kollegen in den großen Märkten sind zudem durchweg sympathisch und umgänglich, wodurch das gemeinsame Arbeiten sehr entspannt ist. Analog zur effektiven Ladengröße scheint hier also auch der soziale Horizont der Mitarbeiter zu steigen, was in vielen anderen Häusern leider nicht der Normalfall ist. Eine andere sehr willkommene Nebenerscheinung ist, dass immer mehrere Promoter in der Fotoabteilung arbeiten und da die meisten neben ihrem Verkäuferjob auch künstlerische Interessen verfolgen, man natürlich viele interessante Gespräche miteinander hat. Außerdem gehen wir fast immer zusammen zur Pause, in der unsere gemeinsamen Themen dann oft noch vertieft werden. Für mich ist der Job also eher ein gemütliches Zusammensein und Austauschen mit Freunden und hat nicht wirklich viel mit Arbeit zu tun. Das ist sicherlich auch ein Grund, weshalb ich mich bisher so schwer damit getan habe, einen Absprung aus dem Promotiondasein zu schaffen. Denn wo kann man bitte mit seinen Freunden chillen und bekommt dafür auch noch Geld?
Ich bin daher natürlich nicht besonders begeistert, wenn ich von Canon alle paar Wochen einen der kleinen Märkte geschickt werde, da diese in der Regel das absolute Gegenprogramm von dem darstellen, was ich gerade geschildert habe. Anstelle einer großen Verkaufsfläche erwarten mich dort kleine, schmale Gänge, in denen ich wie ein eingesperrter Tiger unruhig meine Runden ziehe. Oft hat man es dann noch mit einem jungen Abteilungsleiter zu tun, der sich vor lauter Ehrgeiz für den Nabel der Welt hält, obwohl er meistens davon außer den zehn Quadratmetern noch nicht viel gesehen hat. So wird man auch noch nach fünfzehn Jahren schnell wieder von einem geschätzten Mitarbeiter zu einem Praktikanten degradiert. Die Pausenzeiten müssen bis auf die Minute abgesprochen werden, Kameras dürfen nicht eigenständig herausgegeben, geschweige denn zum Laden entsichert werden und Gespräche mit den Mitarbeitern sind natürlich nicht gern gesehen. In dieser dann eher angespannten Arbeitsatmosphäre schwinden die spannenden Unterhaltungen natürlich, so dass, wenn kein Kunde da ist, oft ein unbehagsames Schweigen entsteht. Etwas, das für mich als kommunikativer Mensch nur schwer zu ertragen ist und dadurch das Arbeiten auch schnell anstrengend wird.
Ein ähnliche Erfahrung hatte ich vor kurzem, als ich zur Wiedereröffnung eines Medi Max Marktes für drei Tage nach Reinickendorf verbannt wurde und wieder spüren musste, was es heißt, nicht dazuzugehören. Das merkten wohl auch die Angestellten aus dem Bereich Foto, die sich ab dem zweiten Tag komplett auf die andere Seite der Abteilung zurückzogen, um den Kontakt mit mir zu meiden. Aus Langeweile zog ich dann regelmäßig durch die anderen ebenso überschaubaren Bereiche des Marktes und musste wieder mit Entsetzen feststellen, dass in fast allen Produkte eigentlich nur noch billiges Plastik verbaut wird. Ob nun bei Stereoanlagen, Radios oder bei MP3-Spielern, Handys und Kameras. Alles ist inzwischen ein Einheitsbrei aus minderwertigen Kunststoff geworden. Selbst wenn man Qualität haben möchte und auch bereit ist, dafür mehr Geld auszugeben, sucht man danach in den elektronischen Großmärkten zumindest vergebens. Schon aus diesem Grund werde ich mich freuen, wenn irgendwann das Erdöl ausgehen wird und man dann vielleicht wieder Produkte kaufen kann, die die Mindestgarantiezeit von einem Jahr überdauern.