At The Multiplex

Die Leere in meinem Leben gerade hält weiter an. Der Februar und der März waren noch nie die großen Monate für Promotion, doch dieses Jahr sind die Jobangebote schon sehr mager. Zumal ich auch keine Aussicht auf einen längerfristigen Einsatz habe und dadurch auch nicht wirklich entspannen kann. Meine Tage sind daher vor allem durch Besuche im Fitnessstudio bestimmt, die mir so wenigstens eine gewisse Struktur geben und mich davor bewahren, in ein großes, schwarzes Loch zu fallen. Es ist eine gute Erfahrung, da ich jetzt immer mehr den Großteil der Menschen verstehe, dessen Ziel im Leben es oft ist, einen möglichst sicheren und gut bezahlten Job zu finden. Einen Ansatz, den ich nie hatte, da es mir immer wichtig war, mich als Künstler zu verwirklichen und etwas Kreatives zu schaffen und nicht nur nach einer finanziellen Absicherung zu streben.
Ich kämpfe daher gerade jeden Tag mit meiner sozialen Isolation, die jetzt durch die fehlende Regelmäßigkeit einer Arbeit und die Tatsache, dass ich dadurch auch immer weniger Geld auf dem Konto habe, noch verstärkt wird. Am frustrierendsten ist es aber, dass ich in der ganzen freien Zeit nicht einen neuen Song geschrieben habe. Nicht einmal ansatzweise. Auch wieder ein Beweis dafür, dass die Fertigstellung meines Albums immer mehr den Abschluss eines lang gehegten Traums darstellt, als den Beginn einer neuen, beruflichen Richtung.
Der Drache lässt den Hasen also am Anfang des Jahres doch ganz schön strampeln und so hangele ich mich zur Zeit von einem sporadischen Job zum nächsten, um wenigstens meine Miete zahlen zu können. Diese Woche z.B. habe ich für eine Agentur Kinotrailerchecks durchgeführt, d.h. ich bekomme einen Film und eine Vorstellung in einem bestimmten Kino genannt und muss dann dort die Trailer, die vor dem Film laufen und die Reaktion des Publikums darauf, notieren. Für einen Filmfreak wie mich also ein ziemlich cooler Job, Geld dafür zu bekommen, ins Kino zu gehen und nicht einmal für die Karte zu zahlen. Ich war daher am Karfreitag mit einem Freund im Cinemaxx am Potsdamer Platz, um dort den zur Zeit extrem gehypten Teenagerfilm ‚Die Tribute von Panem‘ zu sehen. Zum Glück hatte ich in weiser Voraussicht vorher zwei Karten bestellt, da, als wir dort ankamen, der Eingangsbereich des Kinos gerammelt voll war. Insgesamt waren sieben Kassen geöffnet, vor denen jeweils dreißig bis vierzig Menschen standen. Wir waren also anscheinend nicht die einzigen, die auf die Idee gekommen waren, an einem kalten, regnerischen Osterfeiertag ins Kino zu gehen. Die Kinobetreiber hatten natürlich ihre Chance auf einen kräftigen Reibach gewittert und so mussten wir nicht nur stolze zehn Euro für ein Ticket abdrücken, sondern waren danach auch noch einem dreißigminütigen Werbeblock und während des Films einer zwanzigminütigen Pause ausgeliefert. Die Kinotrailer hielten sich wie sie oft in ihrer Begeisterungsfähigkeit in Grenzen. Ob nun der Trailer des romantischen Films ‚The Lucky One‘, der einem die komplette Handlung des Films verriet oder auch die Vorschau zum Film ‚Das Hochzeitsvideo‘. Eine weitere steife, deutsche Komödie und anscheinend auch noch ein schlechter Abklatsch des amerikanischen und kommerziell sehr erfolgreichen Films ‚The Hangover‘.
Der Hauptfilm selber war auch nicht besonders spannend und erinnerte in seiner einfachen Machart und langweiligen Dramaturgie an einen Kinderfernsehfilm aus den achtziger Jahren. Wenigstens hatten wir aber gute Plätze und erstaunlich viel Beinfreiheit vor unseren Sitzen. Nur dass neben mir ein manisch Popcorn mampfender und laut Cola schlürfender Mann saß, der zu allem Übel auch noch seine dicken Beine verschränkt hatte und mir so in seiner Nervosität regelmäßig an mein rechtes Knie stieß. Ich wusste also an dem Abend nicht was schlimmer war: die nervigen Essgeräusche meines Sitznachbarn oder die vorhersehbare Geschichte des Films. Wir waren beide auf jeden Fall sichtlich erleichtert, als wir den Kinosaal verlassen durften und mir wurde wieder klar, warum ich Wochenendabendvorstellungen in Multiplexkinos in den vergangenen Jahren bewusst gemieden hatte.