Coming Down Again!

Inzwischen bin ich in der dritten Runde des Apple Castings angelangt. Man sieht mich für eine Position des Experts vor, quasi der Fachverkäufer für alle Apple Produkte, der jedem Kunden das passende Produkt anbieten kann. Je länger ich über einen festen Job bei Apple nachdenke, desto mehr habe ich das Gefühl, vielleicht doch nach fünfzehn Jahren des langen Suchens einen Platz in der Welt gefunden zu haben. Zumindest für ein längerfristiges Arbeitsverhältnis. Denn das quartalsweise Hangeln von einem Auftrag zum nächsten kann doch ziemlich nervig sein. Zumal mir die Vorstellung, als Verkäufer für eines der zur Zeit größten und expandierendsten Unternehmen der Welt zu arbeiten immer mehr gefällt. Da ich im Flagshipstore in der City arbeiten würde, hätte ich voraussichtlich vorwiegend mit Touristen zu tun, so dass ich auch meine Fremdsprachenkenntnisse anbringen könnte und endlich auch ‚mal wieder intellektuell gefordert wäre. Etwas, das in den letzten Jahren Media-Saturn ‚Laufrad‘ auf jeden Fall zu kurz gekommen ist.
Da ich allerdings noch keine feste Zusage habe und Apple sich ziemlich bedeckt hält, wann der erste offizielle Store Berlins eröffnet wird, bin ich weiterhin auf Jobsuche.
Meine Ebaygeschäfte haben auch schon ‚mal bessere Zeiten erlebt und jetzt, da ich auch meine Lebensversicherung gekündigt habe, um meine Albumproduktion am Laufen zu halten, lebe ich gerade ‚mal wieder an der Dispogrenze, was kein so prickelndes Gefühl ist. Aus der Finanznot heraus habe ich daher spontan zugesagt, dieses Jahr wieder für die Alpina Road Show unterwegs zu sein oder um es weniger cool zu formulieren, wieder auf abgelegenen Berliner Baumärkten Kinder zu animieren, auf eine Torwand zu schießen, um billige Plüschkatzen aus China zu gewinnen. Nach dem Motto: Gemacht von Kindern für Kinder.
Die Schulung dazu fand gestern in einem Vorort von Braunschweig statt, wo auch der Sitz der Agentur ist, die diese Aktion nun schon seit sechs Jahren durchführt. Die Schulung war kurzweilig und das Essen extrem lecker und nach den faden Speisen im Airport Hotel bei der Fuji Schulung in Leipzig letzte Woche eine wahre Offenbarung. Es gab wieder den Standardvortrag von einem Mitarbeiter Alpinas, der stolz sein Unternehmen vorstellte, das nun schon in fünfter Generation seit über hundert Jahren Wandfarbe herstellt und Marktführer in Europa ist. Danach gab es noch ein kurze Einweisung von Seiten der Agentur. Wie so oft bei Schulungen sind für mich nicht die Inhalte spannend, sondern vielmehr die Gespräche mit den anderen Promotoren und Mitarbeitern der Agentur. So erzählte mir ein Auszubildender der Agentur, dass er mit Überstunden fünf Tage die Woche arbeitet und dafür nur vierhundertdreißig Euro im Monat verdient. Das hat mit dem Sprichwort ‚Lehrjahre sind keine Herrenjahre‘ wohl nicht mehr viel zu tun, sondern eher mit moderner Ausbeutung. Er meinte, dass das schon eine enorme Steigerung ist, da er bei seinem Praktikum in einer Bank nur einhundertfünfzig Euro im Monat bekommen hatte. Wenn ich mir überlege, dass Herr Ackermann als Geschäftsführer der Deutschen Bank für das letzte Jahr neun Millionen Euro erhalten hat, steht das in keiner Relation. Ich halte ich es sowieso für völlig überzogen einem Menschen mehr als eine Million Euro Gehalt pro Jahr zu zahlen. Denn niemand kann trotz langen Studiums und überdurchschnittlicher Begabung oder Intelligenz eine Qualifizierung erlangen, die es ihm erlaubt, das hundertfache von dem zu verdienen, was der Durchschnitt der Bevölkerung bekommt. Ganz egal, welche Profession er ausübt. Wahrscheinlich wissen viele auch, dass sie soviel Geld eigentlich gar nicht wirklich verdienen, so spenden z.B. bekannte Hollywood Schauspieler regelmäßig größere Summen für humanitäre und karitative Einrichtungen. Was auch lobenswert ist, aber sicher nicht nur mit Altruismus und Nächstenliebe zu tun hat, sondern auch mit Steuerabschreibungen und dem Bewusstsein, dass es übertrieben ist, für drei Monate Dreharbeiten fünfundzwanzig Millionen Dollar zu bekommen.
Nachdem ich also im Februar noch davon geträumt habe, bald von den Tantiemen meiner Songs leben zu können, stehe ich nun bald wieder für einen Tagessatz von hundert Euro auf den Parkplätzen von Baumärkten und schieße, wenn wenig los ist, gelangweilt mit Gummibällen auf eine Torwand. Anscheinend das Los eines Künstlers, der sich nur schwer in die Gesellschaft integrieren kann oder aber auch eines faulen Hasen, der das Leben sehr lange aufgeschoben hat und nun so langsam erwachsen wird.