The Times They Are A-Changin‘

Den Euro gibt es mittlerweile nun schon seit neun Jahren. So sehr er auch an Wert zu verlieren scheint, desto mehr hat er sich als Währung im alltäglichen Leben etabliert. Zu D-Mark Zeiten hatte ich nach einer Weihnachtspromotion in der Regel genügend Geld bis zum Beginn der Cebit Messe. In diesem Jahr bin ich nun schon wieder seit einer Woche auf der Suche nach neuen Aufträgen. Eigentlich haben sich alle meine Ausgaben in den letzten Jahren verdoppelt. Die Miete, meine Krankenversicherung und nicht zu vergessen die Lebenskosten für Nahrungsmittel und Textilien. Die Preise steigen also weiterhin, nur leider stagnieren parallel dazu die gezahlten Honorare. Für meine gleiche Arbeit steht mir nun effektiv nur noch die Hälfte meines Geldes zu Verfügung als noch vor zehn Jahren. Erst gestern hatte ich ein Jobangebot für einen Messejob als Berater beim Genfer Autosalon. Die Anforderung war, mindestens fließend in drei Fremdsprachen zu sein und das bei einem Tageshonorar von nur hundert Euro. Dazu hätte ich vorher zu zwei Castings fahren müssen, eines davon in München, bei dem die Fahrtkosten nicht übernommen werden. Ich weiß nicht so recht, was schlimmer ist, die steigende Gier der Unternehmen oder die Dreistigkeit der Agenturen, die sich immer mehr denen mit ihrem Preisdumping andienen.
Auch die stabile Währungsunion kommt immer mehr ins Wanken. Griechenland kämpft mit seinen gefälschten Bilanzen und Irland mit den Folgen seiner Immobilienblase. Es scheint immer mehr, dass Europa in den letzten Jahrzehnten sehr über seine Verhältnisse gelebt hat. Die Reserven sind nun mittlerweile alle verbraucht. Gerade meine Generation hat keine wirklichen Rücklagen mehr und kann froh sein, später überhaupt noch eine Rente ausgezahlt zu bekommen und nicht nur die Grundversorgung vom Sozialamt. Woher auch nehmen, wenn die meisten Arbeitgeber sich vor Festanstellungen scheuen und dafür lieber auf die Honorar- oder vierhundert Eurobasis setzen? Die Generation meiner Eltern hatte (zumindest im Westen) meistens schon mit Ende dreißig ihre Eigentumswohnung abbezahlt. In meinem Umfeld krepeln die meisten unter der Armutsgrenze ‚rum, die absurderweise inzwischen bei eintausendsechshundert Euro Nettoverdienst liegt und sind bemüht, wenigstens ihre Miete zu zahlen, wenn sie nicht eh schon vom Arbeitslosengeld leben. Und das ist erst der Anfang. Die Menschen werden immer älter werden. Die Kosten für Kranken- und Rentenversicherung werden weiterhin in die Höhe schießen. Das Geld und selbst die jetzt noch so hochgehandelten Edelmetalle werden an Wert verlieren. Arbeit zu haben, wird zu einem Luxus werden und der maßlose Konsum und das damit verbundene Überangebot wird sich wieder auf die Grundbedürfnisse reduzieren. Als Folge dessen werden vermutlich viele Menschen aufs Land ziehen und nach einem autarken Leben streben. Man wird wieder Holz hacken, um zu heizen, sein Wasser aus seinem eigenen Brunnen schöpfen, sein eigenes Gemüse anbauen und Vieh halten. Für viele sicherlich noch eine unvorstellbare Zukunft. In meinen Augen aber eine heilsame Entwicklung. Immerhin hat der Mensch vor der Industrialisierung über Jahrhunderte so existiert und ist seitdem eigentlich nur damit beschäftigt, seine Neurosen zu perfektionieren.