Vor gut einer Woche hatten meine Band und ich unseren ersten Sologig. Gebucht hatte ich ihn schon vor drei Monaten und war seitdem auch gut eingebunden mit dem Layout/Druck/Verteilen der Plakate und natürlich den Proben mit der Band. Unser Soundcheck war um neunzehn Uhr. Der Besitzer empfing uns gleich freundlich mit den Worten: „Na, da habt ihr ja schönes Wetter mitgebracht!“ Die Bühne, wenn man sie so bezeichnen kann, lag in der hinteren Ecke in einem mit Esstischen und Stühlen ausgestatteten Räume und war mit ihren fünf Quadratmetern auch recht überschaubar. Als Equipment stand uns ein kleiner Combo Verstärker, ein verstimmtes Klavier, ein Schlagzeug und eine alte Gesangsanlage zur Verfügung. Wir waren alle ein wenig aufgeregt, da es auch für Micha und Markus, die mit ihrer Formation ‚Petro Witzel‘ als Vorband spielten, ihr erster, großer Auftritt war. Der Sound war grottig. Daher war es noch umso motivierender, als der Besitzer des Clubs uns erklärte, dass er eigentlich keine Ahnung hat, wie seine Gesangsanlage funktioniert. Als wir dann nach knapp zwanzig Minuten endlich komplett verkabelt waren und unseren ersten Song anspielten, kam gleich vom Tresen der Satz: „Das ist viel zu laut! Ihr müsst leiser spielen.“ Nach uns waren Micha und Markus auf den Brettern, die die Welt bedeuten und versuchten auch vergeblich ihren Sound zu finden, was ohne Monitorboxen, die Sache nicht gerade einfacher machte. Zwischendurch kam immer wieder der Betreiber des Clubs an die Bühne und fragte genervt: „Wann seid ihr denn endlich fertig? Unsere Gäste wollen hier in Ruhe essen.“ Mit ‚Gästen‘ war anscheinend die kleine Weihnachtsessendelegation im vorderen Teil der Bar gemeint, die sich dort aus unerfindlichen Gründen eingefunden hatte. Ansonsten blieb das ‚Lagari‘ wie sonst auch während der Woche, weitgehend leer. Nach gut zwei Stunden füllte sich der Laden dann so langsam, vorwiegend mit Freunden und Bekannten von Micha, der vorher gut die Werbetrommel gerührt hatte und obwohl sich nun schon knapp vierzig Leute vor der Bühne tummelten, dabei aßen und tranken, hatte der Besitzer noch einen letzten Motivationsspruch für uns am Start: „Wann fangt ihr denn endlich an? Um halb zwölf ist hier nämlich Schluss. Nur dass ihr wisst.“
Unsere beiden Sets liefen relativ reibungslos und der Sound war sogar besser, als anfangs befürchtet. Micha’s Band rockte gut ab und hatte das Publikum voll im Griff. Bei uns war es eher der introvertierte Rockbandvibe, der die Masse bewegte, leider auch oft in Richtung Ausgang, was einem auf einer kleinen Bühne natürlich viel eher auffällt und dann auch schnell verunsichert. Ansonsten kamen wir gut durchs Set. Mehr aber auch nicht. Die Kommunikation untereinander und vor allem meine Kommunikation mit dem Publikum war ein wenig schwach. Natürlich war der Auftritt nicht zu vergleichen mit unserem dreißig Minuten Slot beim Emergenza Festival im SO36, bei dem wir vor dreihundert Leuten auf einer großen Bühne mit professionellem Tontechniker standen, während Roadies uns unsere Instrumente reichten. Wieder ein schönes, verzerrtes Bild der Wirklichkeit, da man in solchen Clubs eigentlich erst gebucht wird, wenn man sich eine Fanbase erspielt und mindestens zwei Alben im Gepäck hat. Solche ‚Toilet Gigs‘ wie Gerard, einer meiner Dozenten in Bristol, sie nannte, stehen jetzt wohl noch viele an und es ist anscheindend auch noch ein langer Weg bis zur O2 World – ‚raus aus der Traumwelt.